Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat am heutigen Tag die Ergebnisse der Studie über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Dachverband der katholischen Jugendverbände fordert einen neuen Umgang mit Sexualität in der Kirche und eine strukturelle Absicherung der bestehenden Präventionsarbeit.
Thomas Andonie (BDKJ-Bundesvorsitzender): „Die veröffentlichten Zahlen erschüttern uns. Sexualisierte Gewalt ist durch nichts entschuldbar, unter ihren Folgen leiden die Betroffenen häufig ein Leben lang. Daher ist es wichtig den Blick zuerst auf die Betroffenen und ihre Bedürfnisse zu lenken.“ Betroffene gehen unterschiedlich mit dem Erlittenen um und brauchen hierbei individuelle Unterstützung. „Für uns als BDKJ ist klar: Unsere Solidarität gilt den Betroffenen sexualisierter Gewalt. Strukturen, die Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt begünstigen, müssen aufgedeckt und verändert werden“, betont Andonie.
Zu den notwendigen Veränderungen zählt für den BDKJ auch ein Aufbrechen des Klerikalismus und der patriarchalen Strukturen, die Machtmissbrauch begünstigen. Andonie: „Wir brauchen eine andere Verteilung von Macht in unserer Kirche, das bedeutet unter anderem, dass Laien mehr Einfluss bekommen müssen. Das Ziel muss ein partnerschaftliches Miteinander von Priestern und Laien, Frauen und Männern, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in unserer Kirche sein.“
Zwingend notwendig ist auch ein anderer Umgang mit Sexualität. „Sexualität ist Teil unseres Lebens. Wir müssen alle lernen, wertschätzend mit ihr umzugehen und unsere eigenen Grenzen und die unseres Gegenübers zu kennen. Nur auf dieser Grundlage kann eine Abgrenzung zur Gewalt stattfinden.“ Beziehungsethische Grundsätze wie die Achtung der Würde und der Grenzen des Gegenübers, Einvernehmlichkeit, Gegenseitigkeit und Unversehrtheit sind Grundlage gelingender Sexualität. Diese Grundsätze werden zum Beispiel in den sexualpädagogischen Seminaren der katholischen Jugendverbände vermittelt. Der BDKJ fordert, dass nicht nur dort, sondern auch in anderen Teilen der Kirche – gerade in der Ausbildung von Priestern – mehr über Sexualität gesprochen werden muss: „Wir wissen, dass es in einigen Priesterseminaren in den letzten Jahren Fortschritte gab, Sexualität stärker zum Thema zu machen. Wir sehen hier aber trotzdem noch Nachholbedarf, gerade im Bezug darauf wie offen über bestimmte Fragen der Sexualmoral gesprochen werden kann“, so Andonie.
Ein Sprechen über Sexualität ist auch ein erster Schritt hin zu gelungener Präventionsarbeit. „In den Jugendverbänden schulen wir unsere Mitglieder schon seit vielen Jahren im Bereich Prävention sexualisierter Gewalt. Die Achtung von Grenzen und eine Kultur des Vertrauens stehen hier ebenso im Mittelpunkt wie das Ernstnehmen von Verdachtsfällen und die Einhaltung klarer Interventionskonzepte. Diese gute Arbeit geschieht in unseren Verbänden häufig zusätzlich zum Alltagsgeschäft. Wir benötigen dafür dringend eine dauerhafte strukturelle Absicherung dieser wichtigen Arbeit!“
Im Bistum Münster hat Bischof Dr. Felix Genn bereits im August betont, dass die bisherigen Bemühungen zur Prävention sexuellen Missbrauchs gut und wichtig waren, es nun aber weitergehen müsse: „Papst Franziskus hat zurecht beklagt, dass sexueller Missbrauch in der Kirche durch die Haltung des Klerikalismus begünstigt und gedeckt wird. In der Konsequenz muss das heißen, dass wir uns von einem solchen Klerikalismus verabschieden. Das wird dazu führen, dass Priester und auch Bischöfe in der katholischen Kirche an vielen Stellen Macht und Einfluss abgeben und dass wir zu einem neuen Verhältnis von Laien und Priestern, von Haupt- und Ehrenamtlichen, von Männern und Frauen in der katholischen Kirche kommen müssen. Wie das konkret aussehen wird, kann ich Ihnen heute nicht sagen. Ich bin aber davon überzeugt: Wir brauchen Veränderungen.“
Text: BDKJ-Bundesstelle
Hilfe für Betroffene sexuellen Missbrauchs
Für Betroffene von sexuellem Missbrauch stellt die Katholische Kirche ab dem 25. September 2018 ein Beratungstelefon und eine Online-Beratung zur Verfügung. Beides ist selbstverständlich anonym und kostenlos.
Beratungstelefon für Betroffene: 0800 0005640 – innerhalb Deutschlands kostenfrei im Mobil- und Festnetz
Internetberatung: www.hilfe-nach-missbrauch.de – anonyme Beratung über eine eigens gesicherte Internet-Verbindung