Nach Missbrauchsstudie: Strukturreformen der Kirche müssen Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt stellen

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Nach der Veröffentlichung der Studie zum Umgang mit sexuellem Missbrauch im Bistum Münster und den Reformankündigungen von Bischof Dr. Felix Genn appellieren die katholischen Kinder- und Jugendverbände an alle Personen mit Verantwortung innerhalb der Kirche, ihren Fokus auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu richten. Neben der Aufarbeitung der Verfehlungen im Umgang mit Betroffenen und Tätern muss nun die Stärkung der Ressourcen junger Menschen im Mittelpunkt des Handelns stehen.

Die Missbrauchsstudie zeigt erneut, dass in der Kirche viel zu lange Macht zum Schaden von Kindern und Jugendlichen ausgenutzt worden ist. Das Ergebnis ist eine Schande: Im vermeintlichen Namen christlicher Nächstenliebe wurden Minderjährige nicht nur vielfach missbraucht. Die Taten wurden auch – selbst von oberster Bistumsleitung - systematisch vertuscht, verharmlost oder gar toleriert. Bis heute sind gravierende Missstände nicht ausreichend ausgeräumt. Das Vertrauen junger Menschen in die Kirche wurde maßlos ausgenutzt und ist heute tief erschüttert.

Das Schicksal von Betroffenen und Gefährdeten muss konsequent in den Fokus der Bemühungen gerückt werden. Neben der Beseitigung von Faktoren, die sexuellen Missbrauch in der Katholischen Kirche begünstigen, ist mehr Einsatz für junge Menschen erforderlich. „Kinder und Jugendliche müssen zu jeder Zeit ihre Grenzen und Bedürfnisse äußern können. Es muss Priorität haben diese ernst zu nehmen“, sagt Hendrik Roos, Geistliche Leitung des BDKJ-Diözesanverbands Münster.

Deshalb müssen Kinder und Jugendliche in der Kirche darin gefördert werden:

  • ein starkes Selbstbewusstsein zu entwickeln
  • ihre Bedürfnisse und ihre Interessen aktiv zu artikulieren
  • persönliche Grenzen zu ziehen
  • ein (sexuell) selbstbestimmtes Leben zu führen
  • Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.

Mehr Einsatz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen

Unabhängig davon muss eine Kultur des verantwortungsvollen und sensiblen Umgangs mit Kindern und Jugendlichen in die Kirche einziehen. „Die für Kinder und Jugendliche Verantwortlichen in der Kirche müssen alles dafür tun, um sexuellen Missbrauch in Zukunft zu vermeiden und Verdachtsfälle konsequent zu verfolgen“, sagt Anna-Lena Vering, Diözesanvorsitzende des BDKJ Münster.

Dazu ist es nach Ansicht des BDKJ erforderlich:

  • die Perspektive von Gefährdeten und Betroffenen in den Mittelpunkt des Handelns zu rücken
  • eine „Null-Toleranz-Haltung“ gegenüber sexuellen Übergriffen zu zeigen
  • Klerikalismus entschieden entgegenzutreten und weitere kirchliche Machtstrukturen, die sexuellen Missbrauch begünstigen, aufzubrechen und zu beseitigen
  • die kirchliche Sexualmoral mit dem Ziel, die individuelle sexuelle Selbstbestimmung zu ermöglichen, zu reformieren
  • weiterhin umfassende Präventionsschulungen für alle Mitarbeitenden des Bistums anzubieten und eine besondere Sensibilisierung für die Themen sexueller Missbrauch und sexualisierte Gewalt zu gewährleisten
  • eine fortlaufende Überprüfung und Weiterentwicklung der Institutionellen Schutzkonzepte und Interventionsarbeit zu unterstützen
  • niederschwellig zugängliche Anlaufstellen für Betroffene und Zeugen sexuellen Missbrauchs zu schaffen.

Gesamtkirchliche Anstrengung erwartet

In ihrem Kampf gegen sexuellen Missbrauch und Einsatz für starke, aufgeklärte junge Menschen gehen die katholischen Kinder- und Jugendverbände durch verpflichtende Präventionskurse für Gruppenleitungen und qualifizierte Bildungsangebote seit mehreren Jahren voran. Als Teil der Katholischen Kirche sind auch Jugendverbände Teil des Systems und der Missbrauchsgeschichte. Daher hat der BDKJ sowohl auf Bundes- als auch auf Diözesanebene durch die Einrichtung von Ausschüssen bereits die verbandsinterne Aufarbeitung von Missbrauchsfällen angefangen vorzubereiten. Der BDKJ erwartet eine schonungslose und ehrliche gesamtkirchliche Anstrengung, um Fälle sexuellen Missbrauchs in Zukunft zu verhindern.

Weitere Informationen zur Prävention sexualisierter Gewalt in Jugendverbänden