Jugend, Sex & Kirche

Bistum Münster und BDKJ veranstalten Fachtag Sexualethik
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Prof. Stephan Goertz, Professor für Moraltheologie an der Universität Mainz, ging in seinem Vortrag auf Fragen zur Sexualmoral der katholischen Kirche ein.

„Kein Sex vor der Ehe?“, „Porno gleich Aufklärung?“ – zur Auseinandersetzung mit unter anderem diesen Fragen haben die Abteilung für Kinder, Jugendliche und Junge Erwachsene und die Fachstelle für Prävention des Bistums Münster gemeinsam mit dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) am Dienstag, 27. Juni, unter dem Motto „Jugend, Sex und Kirche“ zu einem Fachtag Sexualethik eingeladen. Rund 125 Teilnehmer waren in die Heimvolkshochschule Gottfried-Könzgen nach Haltern gekommen, um sich dem Thema in Vorträgen und Workshops zu nähern.

Um den positiven, lebensbejahenden Aspekt der Sexualität solle es beim Fachtag gehen, erläuterte Ann-Kathrin Kahle, Präventionsbeauftragte im Bistum Münster. Fachlich qualifizierte Sexualpädagogik sei ein wesentlicher Baustein von Prävention und die Jugendpastoral mit ihren vielfältigen Angeboten biete sich als Ort sexueller Bildung an. Sie warf die Frage auf, welche Rolle die biblische Botschaft und das christliche Sexualverständnis dabei spielen.

„Für die Jugendlichen spielt die katholische Morallehre keine Rolle“, stellte Prof. Stephan Goertz, Moraltheologe an der Universität Mainz, in seinem Vortrag fest. Die Ursache dafür liege in der großen Diskrepanz zwischen den Moralvorstellungen und Erfahrungen der Jugendlichen und der kirchlichen Lehre, die Enthaltsamkeit vor der Ehe vorschreibt. „Jugendliche führen heute verbindliche und verantwortungsvolle Beziehungen, die sie durch Sex festigen“, erläuterte der Moraltheologe. „Die jungen Menschen können nicht nachvollziehen, wenn katholische Normen ihre liebevollen Beziehungen als wertlos darstellen.“ Er plädierte dafür, bei der moralischen Bewertung von Sexualität an der Qualität der Beziehung anzusetzen – womit auch die Frage nach Homo- oder Heterosexualität nachrangig werde. Um der Entfremdung von Kirche entgegen zu wirken, sei es erforderlich, human- und sozialwissenschaftliche Erkenntnisse in die christliche Ethik einzubeziehen und an die Erfahrungen und Lebensrealität der Menschen anzuknüpfen, so Prof. Goertz.

Zur Realität der Jugendlichen gehört auch die Sexualität. Entgegen dem verbreiteten Eindruck vom moralischen Verfall der Jugendlichen berichtete Anke Erath, Referentin am Institut für Sexualpädagogik Dortmund, jedoch von deren großteils verantwortungsvollen und reflektierten Umgang mit Sexualität, den aktuelle Studien belegen. Erath betonte die große Bedeutung von Aufklärungs- und Präventionsarbeit, die in Deutschland sehr erfolgreich sei, was sich beispielsweise in einer geringen Anzahl von Jugendschwangerschaften äußere. Den anwesenden Fachkräften und pastoralen Mitarbeitern aus der Jugendarbeit sowie Kirchenvertretern riet sie zu einem offenen und unaufgeregten Umgang mit den Jugendlichen. „Wir sollten wissen, wovon wir reden und ihnen offen und kompetent begegnen“, sagte Erath. „Weniger Eingriff, mehr freundliches Begleiten“, zitierte die Referentin den Sexualpädagogen Prof. Uwe Sielert.

Eine Abkehr vom strengen Vermeidungsimperativ befürwortet auch Weihbischof Dieter Geerlings. Der Umgang mit Sexualität betreffe zutiefst menschliche Fragen, die nur im Dialog geklärt werden könnten – „reine Verbote sind da abträglich“, urteilte Geerlings. „Wir sollten alles tun, um das Gewissen der jungen Menschen zu schulen und zu bilden – und ihre Gewissensentscheidungen dann auch tolerieren“, betonte der Weihbischof. Auch der stellvertretende Generalvikar des Bistums Münster, Dr. Jochen Reidegeld, unterstrich, dass es einen ergebnisoffenen Dialog und eine ehrliche Vermittlung christlicher Werte erfordere, damit Kirche wieder als kompetenter Ansprechpartner gehört werde.

Die Teilnehmer zeigten sich zum Abschluss ebenfalls überzeugt, dass der Dialog und das Hinterfragen eigener Positionen in der Sexualpädagogik unerlässlich seien. „Zuhören und aushalten, nicht belehren – das ist meine Quintessenz von heute“, resumierte Jacco Grasemann, Bildungsreferent der Katholischen Studierenden Jugend Münster.

Text und Bilder: BDKJ Diözese Münster